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“on it – Stephanie Abben“

Eröffnungsrede Ausstellung "on it - Stephanie Abben" im Kunstverein Ludwigsburg am 24.10.10

Toll, dass wieder eine „Salon“-Künstlerin tatsächlich auf den Raum reagiert, statt einfach nur Exponate im Raum zu zeigen. Oder mit anderen Worten: Stephanie Abben erweitert die klassische Funktion des Tafelbilds durch eine körperlich wahrnehmbare Raumsituation. Wie auch Daniel Canogar, dessen Lichtinstallation im großen Raum gezeigt wird, gewährt Stephanie Abben im Salon ihrem Material, in diesem Fall der Acryl-Farbe, Freiräume zur Entfaltung. Die von ihr gemalten Motive – mit etwas Fantasie meint man Landschaftsfragmente, Felsbrocken, Äste, Obst, Gemüse und/oder Gefäße ausmachen zu können – scheinen sich frei im Raum auszubreiten. Feste Formen und gestische Spuren überlagern sich. Das Weiß der Wand ist nicht nur Lückenbüßer, sondern wird bewusst als Farbe integriert.

Offenbar gefällt der Malerei die altarmäßige Präsentation an der Sichtseite des „Salons“ nicht. Deshalb büxt sie aus, sucht und findet den Dialog mit der Architektur – und dem Betrachter. Die Grenzen zwischen Exponat und Umraum verschwimmen buchstäblich. Die aus der Wand, dem Betrachter entgegen quellenden und die Wände hinunter fließenden Schlieren, Spritzer, Tropfen und Farbwolken haben mit ihrer energetischen Ausstrahlung von den Wänden Besitz ergriffen und scheinen den Raum transformieren zu wollen. Statt die Sprühpistole einzusetzen, arbeitet Stephanie Abben mit verschieden großen Pinseln und lässt die Spuren der Borsten bewusst als Malspuren stehen, so dass der Gestaltungs-Prozess, das „Gemachte“ erkennbar bleibt.

Die Wandmalerei entsteht ohne direkte Skizze auf der Wand, inspiriert durch kleinformatige Kärtchen, auf denen die Künstlerin mögliche Farb- und Form-Kombinationen testet. Diese Motive kombiniert und konfrontiert Abben im Kopf und frei interpretierend und improvisierend auf der Wand zu surrealen Gebilden, die sich im Niemandsland zwischen Figuration und Ungegenständlichkeit sichtbar wohl fühlen. Wenn Sie sich die bisherigen Arbeiten von Stephanie Abben ansehen, werden Sie erkennen, dass die hier in Ludwigsburg verwirklichte Wandarbeit ihre wohl bisher gegenständlichste Arbeit ist. Diese Tatsache, die der Künstlerin selbst – ihrer Eigenaussage nach - etwas Angst zu machen scheint, darf uns freuen.

Die Wandmalerei bildet eine Bühne, die wir mit eigenen Assoziationen und Protagonisten ergänzen können. Fragen, die uns dabei möglicherweise in den Kopf kommen, lauten: Was ist eigentlich ein Gegenstand, und ab wann wird er als ein solcher erkennbar? Meiner Meinung nach drückt das sich zur Rauminstallation mit bewusster Seh-Perspektive zusammen fügende Wandgemälde Hoffnung aus. Die mal grellen, mal erdfarbenen, mal dichten, mal luftigen, mal ernst, mal humorig daherkommenden Gegenstände schweben, hüpfen und bewegen sich scheinbar schwerelos im Raum und zeigen uns, dass man auch außerhalb von eindeutigen Schubladen viel Spaß haben kann.

Marko Schacher, M.A., 2010